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Mittwoch, 05. März 2025

Luft holen – und Gottes Kraft geschenkt bekommen

ANDACHT

Ich sitze am Schreibtisch und schaue aus dem Fenster. Heute beginnt die Fastenzeit. Die diesjährige Fastenaktion der evangelischen Kirche lädt zu „7 Wochen ohne Panik“ ein. Der Impuls für die erste Woche ist: Fenster auf und Luft holen! Denn wer neue Luft braucht, muss das Fenster öffnen. Dann strömt die frische Luft von allein hinein und wieder heraus. Luft holen, denke ich. Das ist gerade nötig – in einer Zeit des Wandels und der Unruhe.

Der Frühling bricht sich Bahn, das Leben erwacht, und doch scheint die Welt unruhiger zu werden. Sicherheiten, an die wir einst glaubten, geraten ins Wanken, und oft fühlt es sich an, als würde alles auseinanderbrechen. Auch unsere Gemeinde ist im Umbruch. Seit Januar bin ich mit Alica Baron im neuen Pfarrteam tätig. Vieles ist seitdem geschehen: neue Impulse, neue Ideen, wachsende Jugendarbeit, Projekte mit dem Stadtteil. Unser Blick geht über die Gemeinde hinaus in den Gestaltungsraum. Doch zugleich erleben wir auch Schmerzvolles durch die Schließung der Apostelkirche.

Luft holen, denke ich. Wie gelingt das inmitten all dieser Veränderungen? Luft holen heißt: Abstand gewinnen, loslassen, darauf vertrauen, dass nicht alles sofort klar sein muss. Es bedeutet, den Moment anzunehmen, wie er ist, und zu spüren, dass Gott mitten darin gegenwärtig ist. Denn mit Luft holen fing alles an. Die Schöpfung berichtet:

„Da machte Gott den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in die Nase. Und so wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.“ (Genesis 2,7)

Der erste Atemzug – geschenkt von Gott. Sein Odem gibt uns Kraft, Neugier, Mut und Schwung. Doch nicht nur am Anfang des Lebens. Und mit Luft holen geht es weiter. Denn Gottes Odem spüren wir immer wieder neu.

Nach der Fastenzeit feiern wir Ostern – das Fest, das uns zeigt: Der letzte Atemzug auf dieser Welt ist nicht das Ende. Es wartet ein ganzes Himmelreich. Die Osterbotschaft erinnert uns jedes Jahr daran, dass wir mitten im Leben – und darüber hinaus – von Gottes Atem getragen werden. Dieses Luftholen bedeutet nicht Stillstand. Es bedeutet neues Vertrauen. Nicht in Panik zu verfallen, sondern mit klarem Blick wahrzunehmen, was möglich ist.

Vielleicht ist genau das die Haltung, die wir jetzt brauchen – als Einzelne und als Gemeinde. Fenster öffnen, tief einatmen, die kleinen und großen Anfänge wahrnehmen. Vertrauen, dass Gott uns führt. Und bei aller Unsicherheit auf dieser Welt und den Veränderungen in der Gemeinde einatmen und immer wieder spüren: Ja, Gott, du bist da. Du bist und bleibst mitten unter uns. Diese Hoffnung von Ostern bekommen wir jedes Jahr neu geschenkt.

Mit dieser Zuversicht möchte ich weitergehen. Ich stehe vom Schreibtisch auf und öffne das Fenster. Die Sonne strahlt. Ich hole tief Luft. Gottes Odem in mir.

VALERIA DANCKWERTH

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