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Apostelkirche

Wissenswertes zur Apostelkirche –
Moderne Gottesburg

Text von Robert Welzel

Nach den frühen, neugotischen Kirchen der Gemeinde (1882: Lutherkirche, 1903: Christuskirche) entstand im Stadtteil Frohnhausen mit der Apostelkirche 1912-13 einer der seinerzeit modernsten Essener Kirchenbauten und ein bedeutendes Beispiel der vom Neoklassizismus geprägten Reformarchitektur. Im Innenraum waren wortgetreu nach dem Wiesbadener Programm Altar, Kanzel, Sängerbühne und die Faust-Orgel in einer Achse hintereinander angeordnet, die Kirchenbänke sind noch heute abgewinkelt und auf dieses Zentrum wie ein Atrium ausgerichtet.

Das Baugrundstück lag mitten im neu erbauten Viertel Pollerbergshof, einem städtebaulichen Reformprojekt nach Gestaltungsideen des Stadtplaners und Essener Beigeordneten Robert Schmidt (1869-1934). Im Architektenwettbewerb, der mit Unterstützung von Robert Schmidt und dem renommierten Darmstädter Professor Friedrich Pützer (1871-1922) ausgeschrieben wurde, verlangte die Gemeinde ausdrücklich eine Baugruppe aus Kirche, Pfarr- und Gemeindehaus „unter einem Dach“: wie die Glucken unter dem Gefieder der Henne.

Der gekürte Entwurf des Hagener Architekten Ewald Wachenfeld gefiel u.a. wegen der geschickten Einbindung umliegender Schmuckanlagen (u.a. Gänsereiterbrunnen), einer bewussten Verzahnung von Stadt und Natur. Der (nur) 48 m hohe Kirchturm könnte zwar beinahe im Mittelschiff des Kölner Domes Aufstellung finden, prägt aber in den Frohnhauser Gefilden bis heute weithin sichtbar das Stadtbild. Von der Turmgalerie aus genießt man einen grandiosen Ausblick auf viele Landmarken des Ruhrgebiets, u.a. auf Gasometer und Tetraeder oder die Kokerei Zollverein. Außen prangen die 1913 größten Essener Zifferblätter (wie die Turmuhr von I.F. Weule in Bockenem); hinter den Schallöffnungen bilden Stahlglocken des Bochumer Vereins (1912) ein eindrucksvolles Geläut.

In vielen Details ist der Turm dem berühmten Campanile von Venedig nachempfunden. Als unmittelbares Vorbild dürfte allerdings die von Professor Friedrich Pützer 1908-10 in Wiesbaden errichtete Lutherkirche gedient haben. Eine auffallende Ähnlichkeit besteht zudem zum „Turmhaus“, der früheren Krupp-Hauptverwaltung. Dessen Architekt, Baurat Robert Schmohl (1855-1944), leitete das Baubüro der Fried. Krupp AG und gehörte der Jury an, die den Entwurf der Apostelkirche auswählte.

Als Gottesburg entspricht die Apostelkirche in ihrer wehrhaften Monumentalität (z.B. Schießschartenfenster) ganz dem Stilempfinden kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Auf dem Triumphbogen über der Orgel prangte passend „Ein feste Burg ist unser Gott“, in Anspielung auf die Wittenberger Schlosskirche, deren Turm ebenfalls mit diesem bekannten Lutherzitat geschmückt ist.

Viele Gemeindeglieder arbeiteten in der Waffenproduktion der Firma Krupp, die den Kirchenbau mit 75.000 Mark mitfinanzierte. Die Familie Krupp von Bohlen und Halbach stiftete zudem zehn der Apostelfenster im Kirchenschiff. „Wir wollen danken der Firma, die immer wieder mithilft, daß ihre Arbeiter und Angestellten Stätten finden, an denen sie, die sonst den Krieg bereiten helfen, Frieden finden können.“, so Pfarrer Peter Cürlis zur Einweihung am 2. November 1913. Kirche wurde als Bollwerk gegen die inneren Feinde des Menschen aufgefasst, um sich gestärkt der Bekämpfung der äußeren Feinde zuwenden zu können.

Die Formensprache ist ebenso unversöhnlich wie modern. Der weitgehende Verzicht auf verspielte Details oder Ornamente macht die Apostelkirche innerhalb Essens zum letzten evangelischen Kirchenbau des Historismus, an dem sich der Wandel zur klassischen Moderne ankündigt (Reformarchitektur; vgl. die evangelische Kirche in Essen-Haarzopf, an der zeitgleich dieser Wandel noch überzeugender vollzogen wurde!). In diesem Zusammenhang erwies sich der Entwurf als wichtiger Impulsgeber für weitere Kirchenbauten. So schuf der Architekt Ewald Wachenfeld ab 1913 in Breslau die der Apostelkirche sehr ähnliche Königin-Luise-Gedächtniskirche (zerstört). Am Vorbild der Apostelkirche orientiert sich u.a. die Friedenskirche in Essen-Dellwig (Arch. Ludwig Becker, Borbeck).

Der Wiederaufbau der 1944 zerstörten Apostelkirche von 1956-58 (Reinhold Jerichow) hält sich weitgehend an die Ursprungspläne. Allerdings wurde auf die Ausmalung im griechischen Stil und die Wiederherstellung der vom Jugendstil beeinflussten Apostelfenster verzichtet. Schlanke Rundstützen, eine geschwungene Empore, Mosaiken und Glasgemälde zeigen das Bemühen, sich vom Ballast der Geschichte zu befreien. Thema des von Ursula Hirsch geschaffenen Fensters in der Turmkapelle sind die Evangelisten-Symbole.

Die 1966 eingebaute Orgel erhielt ihren Platz nicht mehr über dem Altar, sondern auf der Turmempore. Man wählte die berühmte Orgelbauanstalt von Prof. Karl Schuke in Berlin. Das 1894 in Potsdam gegründete und noch immer bestehende Unternehmen betrieb in Essen eine westdeutsche Außenstelle und hat zahlreiche Orgeln in Ruhrgebietskirchen errichtet, alleine 25 Orgeln auf Essener Stadtgebiet. Die Orgel der Apostelkirche war 1966 der bislang größte Auftrag, den Schuke in Essen realisierte, eine der größten Orgeln der Stadt mit drei Manualen und 46 Registern. Sie hat vier Werke, von denen jedes einzelne eine besondere „kleine Orgel“ in der Orgel ist. Fest einstellbare Setzerkombinationen erleichtern dem Spieler das Darstellen größerer Kompositionen.



Die 3 Glocken der Apostelkirche

Das Glockengeschoss mit den Schallöffnungen im Turm der Apostelkirche ist fast ganz ausgefüllt mit den drei Glocken und dem eisernen Glockenstuhl. 1912 wurden sie vom „Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation“ in Stahl gegossen. Sie klingen ein wenig blechern, was damals beliebt war. 1913 wurden sie in den Turm installiert und die erste Läutung erfolgte am 10. Februar 1913. Die darunter liegende Ladeluke wurde verschlossen. Somit konnten die Glocken während der beiden Weltkriege nicht demontiert und eingeschmolzen werden.

Auf den seitlichen, kleineren Glocken stehen Bibelverse: „Jesus Christus, Gestern und Heute und derselbe in Ewigkeit“, Hebräer 12,3. „Oh Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“, Jeremia 22,29.

Die kleinste Glocke wiegt 1.200 Kg, die Mittlere 1.560 Kg und die Größte 2.600 Kg. Die Glocken haben die Internationale Stimmung : C Des Es

Hier hören Sie die Originalglocken.

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